Montag, 27. Februar 2023

Wagenknecht III: Rußland brutal

Der einzige berechtigte Einwand gegen das Friedens-Manifest von Wagenknecht/Schwarzer ist die auch dort wiederholte Propaganda-Phrase vom "russischen Angriffs-Krieg", wie aufmerksame Leser der "jungen Welt" bemerkten (Unterstreichungen von mir, Rechtschreib- und andere Fehler sowie mißverständliche Ironien original):

  • Leserbrief von Friederike Berking aus Bindow (14. Februar 2023 um 15:17 Uhr)
    Wenn selbst bei Menschen, die bestimmt für ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine und für Verhandlungen eintreten, wie Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer, steht »die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung«, dann sind wir leider noch weit von Verhandlungen entfernt. Ganz anders Arnold Schölzel, der vom »Jahrestag des russischen Eingreifens in Selenskijs Krieg« schreibt. Das russische Militär hat, wie jeder weiß, die Bevölkerung der Region Donbass nicht »brutal überfallen«, ganz im Gegenteil. Und das sind doch wohl auch Ukrainer. In der Zeitschrift Ossietzky las ich vom »russischen Eintritt in den damals schon seit acht Jahren tobenden Bürgerkrieg in der Ukraine«. Das ist ebenfalls eine der Historie angemessene Beschreibung. Wie wichtig Sprache ist, wissen wir alle. Es würde mich daher freuen, wenn die Autoren der jungen Welt durchgehend eine den Tatsachen angemessene Schreibweise für das verwenden, was am 24. Februar 2022 in der Ukraine geschah. Vielleicht ist das ein kleiner Beitrag zum Beginn von Verhandlungen.
    • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude, Russland (15. Februar 2023 um 12:09 Uhr)
      Sie sprechen mir aus der Seele. Das Problem ist, dass die Propaganda in Deutschland so weit fortgeschritten ist, dass sich unter einem der Wahrheit gemäßen Motto unter Nennung der wirklich Schuldigen für diesen Krieg nicht die angestrebten Massen zu einer Demo versammeln würden. Aber diese Massen sind nötig, um Druck gegen Waffenlieferungen auszuüben. Russland muss schuld sein, aber wir wollen trotzdem den Krieg beenden – das klappt dann schon eher. Der Satz des Manifestes »Es wurden Frauen vergewaltigt« ist ein Allgemeinplatz. In jedem Krieg werden leider auf beiden Seiten auch Frauen vergewaltigt, übrigens in Friedenszeiten in Berlin ebenfalls, bei der Dunkelziffer vermutlich jeden Tag, ohne dass Deutschland indirekt dafür beschuldigt wird.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in  Gunter J. (13. Februar 2023 um 15:23 Uhr)
    So sehr ich in den meisten Kommentaren von Sahra Wagenknecht zustimme, so muss ich doch zu dem Manifest eine Anmerkung machen. Zitat: »Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität.« Frau Baerbock hätte bei ihrem Antrittsbesuch bei Selenskij Anfang 2021 die Einhaltung der Minsker Vereinbarungen verlangen können. Statt dessen hat sie ihm (…) freie Hand für die weitere Aggression gegen den Donbass gegeben. 14.000 ermordete Donbassbewohner sind wohl in diesem Fall nicht Ergebnis von brutalen Überfällen im Verständnis von S.W., sondern wahrscheinlich nur ein Nebenprodukt der »Demokratisierungsbestrebungen« des ukrainischen Militärs. Die Einführung einer Rechtsstaatlichkeit, wie sie Baerbock und Konsorten verstehen, ist nun mal oberstes Gebot, zumal wenn es unseren friedliebenden Verbündeten der USA am meisten nützt. 

Das russische Eingreifen zugunsten der bombardierten Donbass-Bevölkerung erfolgte 8 Tage nach dem Beginn einer Mitte Februar 2022 zig-fach verstärkten provokativen Attacke der nach dem Putsch von 2014 von der ultra-nationalistischen Ukro-Regierung und ihren rechten Milizen begonnenen Angriffe auf den Donbass, nachdem Selenski (ebenso NATO und EU) ein neues russisches Verhandlungs-Angebot von Dezember 2021 abgelehnt hatte - vergleichbar wäre gewesen, wenn Spanien nicht nur das katalanische Autonomie-Referendum polizeilich unterbunden und dessen Initiatoren allesamt verhaftet oder ins Exil getrieben hätte, sondern daraufhin das katalanische Volk spontan seine Autonomie verkündet und die spanische Armee es militärisch angegriffen hätte, und nach mehrmaligen Appellen aus Brüssel seine Angriffe demonstrativ verstärkt hätte... Was hätte die EU gemacht? - Vermutlich erstmal dasselbe, wie Rußland: appellieren und abwarten, und bei einer Eskalation vonseiten der Spanier schließlich eine "EU-Eingreif-Truppe" hinschicken... Und was, wenn die Spanier sich mit Gewalt weigern, sich befrieden oder zurückdrängen zu lassen und sich z.B. über die Türkei oder Israel immer martialischer mit US-Waffen aufgerüstet haben und weiter aufrüsten? Soll man Katalonien der post-faschistischen Guardia Civil  und dem berüchtigten spanischen Militär überlassen und der hintergründigen Spaltung der EU durch die USA tatenlos zusehen? Würden die deutschen Ex-"Grünen" den neo-francistischen Zentralstaat unterstützen?

"Der Spanier lebt in fernen Zonen
Für die, die weitab davon wohnen." (Ringelnatz)

Von Rußland erwartet der Westen solchen "Pazifismus", von sich selbst dagegen nicht: "wir" bzw. "unsere" Polit-Kader sind nämlich die "Guten" (siehe Bröckers/Schreyer), bei denen der Zweck die "westlich Regel-basierten" Mittel heiligt, während "die Russen" dem "psychopathischen Neo-Zaren" Putin verblendet folgen und Völkerrechts-widrig "barbarische Angriffs-Kriege" (einschl. Vergewaltigungen: das Reiz-Thema der Befreiung durch die Rote Armee 1945, nicht aber des deutschen Überfalls auf die Sowjet-Union 1942) führen - angeblich ist die russische "Sonder-Aktion" natürlich "schlimmer", als das USA/NATO-Völkerrechts-widrige Eingreifen in Jugoslawien, in Afghanistan, im Irak, in Libyen oder in Syrien usw. (einschl. Zivilisten-Massakern, Folter und vermutlich auch Vergewaltigungen...).

Für den modernen "aufgeklärten" Untertanen ist entsprechend der (wieder) herrschenden Propaganda immer noch "der Krieg der Vater aller Dinge" (Heraklit vor 2500 Jahren eher pessimistisch, aber bei seinen Epigonen mittlerweile euphemistisch) und offenbar "das Militär die Schule der Nation" (nicht nur in Preußen seit 300 Jahren - siehe z.B. Kubrick´s Augen-öffnenden Film "Wege zum Ruhm", 1957, über den Menschen-verachtenden Wahnsinn des Oligarchen-Kriegs, der zufällig die französische Armee demaskierte - es hätte auch jede andere sein können...).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen