Sonntag, 13. April 2025

Der Zerfall des Imperiums: von den Römern lernen heißt Verlieren lernen

"Die spinnen, die Römer!", wußte schon der Gallier Obelix, und schließlich haben die Gallier trotz Cäsars "Gallischem [Eroberungs-]Krieg" am Ende die Oberhand behalten und die lateinische Sprache nach ihrem Gutdünken erotisch nasalisiert... Voilà, c´est la vie.

Gunnar Heinsohn hat schon vor 40 Jahren den Aufstieg und Zerfall des "Römischen Imperiums" unter Bevölkerungs-politischen Aspekten beschrieben*, die in vieler Hinsicht dem Zerfall des aktuellen kapitalistisch-westlichen "Werte"-Imperiums gleichen.

Was die "Menschen-Produktion" angeht, haben nach Heinsohn (und inzwischen allgemeiner Erkenntnis) archaische Kulturen (Gallier, Germanen usw., sowie außer-europäische Ur-Bevölkerungen) eine Gesellschafts-erhaltende "Reproduktions"-(=Geburten-)Rate angestrebt, die in oft matriarchalischen oder matri-linearen Ordnungen von den Frauen mittels Kenntnis von Empfängnis-Verhütung, Abtreibung und notfalls Kindes-Tötung reguliert wurde.

Mit der Entstehung der früh-antiken "patriarchalen Privat-Eigentums-Gesellschaften" wurden weiblich-autonome Empfängnis-Verhütung und Abtreibung verboten und das alleinige "Recht" auf Kinds-Tötung dem "Patriarchen" übertragen, der es "aus militärisch-ökonomischen Gründen" hauptsächlich an Töchtern ausübte (bis ins 19. Jahrhundert galten in Europa Töchter als "Belastung" wegen der erforderlichen "Aussteuer" - vgl. die Sohnes-sehnsüchtigen Folgen der "1-Kind-Politik" in China und den "Sohnes-Kult" und die Töchter- und Frauen-Unterdrückung in islamischen Ländern...), denn die frühen "kriegerischen Patriarchate" brauchten Soldaten gegen konkurrierende Patriarchate. Diese nicht erb-berechtigen "Überschuß-Söhne" wiederum forderten Gebiets-Eroberungen, um selbst als "private Boden-Eigentümer" wieder "Patriarchen" werden zu können und nicht von "Söldnern" zu erblosen "Knechten" absteigen zu müssen (vgl. die Emigration der durch die Industrialisierung vor allem im 19. Jahrhundert pauperisierten Europäer in die Kolonien und in die neuen amerikanischen Staaten, und deren gnadenlos-gewaltsame Inbesitz-Nahme von Boden...).

"Die militärische Notwendigkeit, mehr als nur die Erbsöhne aufzuziehen, kommt dementsprechend erst an ihr Ende, nachdem eines der beteiligten Völker - historisch also Rom als Sieger über Griechen und Phönizier [=Karthago] - den leicht besiedelbaren Raum weitgehend unter seine Kontrolle gebracht hat. (...) Überall, wo die siegenden Römer größere Territorien erobern, als sie selbst mit eigenständigen Bauernstellen besiedeln können, lassen sie Großteile der eroberten Bevölkerung am Leben und setzen sie als Sklaven auf großflächigen Latifundien ein, die im Eigentum freier römischer Bürger stehen."** (vgl. die 500-jährige europäische Kolonial-Herrschaft der "Neuzeit" und die US-Sklaven-Wirtschaft...)

Die auf billiger Sklaven-Arbeit beruhenden Produkte der oligarchischen römischen Großgrund-Besitzer ruinierten nun die heimischen Bauern, freien Handwerker und Klein-Eigentümer (vgl. moderne Abwanderung der Groß-Konzerne in Billig-Lohn-Länder...), die es sich nicht mehr leisten konnten, Kinder aufzuziehen: "Im Ergebnis ist ein Rückgang der Bevölkerung des römischen Imperiums vom späten 2. Jahrhundert u.Z. bis zum 5. nach-christlichen Jahrhundert um fast 40% zu verzeichnen. (...) Den letztlich Bevölkerungs-politisch wirkungslosen Kaisern bietet sich zugleich mit den Christen eine Gruppe an, die etwa im Jahre 176 u.Z. dem Kaiser Mark Aurel beteuert: `Jeder von uns, der ein Weib nimmt, tut es nur in der Absicht, Kinder zu zeugen´."**

Der "Kauf-Sklaven-Mangel" und schließlich deren Umwandlung in leibeigene "Colonen" der Latifundien-Besitzer bezeichnet den Übergang zum mittelalterlichen Feudal-System der "Barbaren" und das Ende des römischen Imperiums: von den erblich Schollen-Gebundenen wird wieder eine "natürliche" und Gesellschafts-erhaltende "Reproduktions"-Rate mithilfe archaischer "weiser Frauen" praktiziert, bis ab dem 16. Jahrhundert ein neuer Soldaten-bedürftiger Imperialismus deren altes Wissen durch "Hexen"-Verbrennungen auszulöschen versucht - und dieser neue Imperialismus der ehemaligen "Barbaren" ist inzwischen in der Spät-Phase der vergleichbaren römischen angelangt: die westlichen "Patrizier", also die multinationalen Konzerne (und zunehmend chinesische), kontrollieren den Handel des "Imperiums" und die Produktion, die größtenteils in der Peripherie stattfindet; der Mittelstand des "Imperiums" sinkt immer mehr ins "Plebejertum" ab, und die Bevölkerung des eigentlichen "Imperiums" schrumpft, während die in der Peripherie wächst; ehemalige "Sklaven" (die Nachkommen echter Kolonial-Sklaven) wandern ein, etablieren sich in Dienstleistungen und Kleingewerbe und bilden Parallel-Gesellschaften; das "Imperium" wird "multi-kulturell", auch weil sich das "Patriziat" in den Zentralen internationalisiert (vgl. Nord-Afrikaner, Asiaten usw., die spät-römische Kaiser wurden...) - das "Imperium" wird zum Spielball global rivalisierender Räuber-Banden: verschachtelte monopol-kapitalistische Konsortien, "Investment-Fonds" und "Vermögens-Verwalter" mit Briefkasten-Adressen in "Steuer-Oasen", IT-"Medien" als digitale Informations-Kraken, Drogen-Kartelle, mafiose "Schutz"-Organisationen, private Söldner-Armeen, Geheimdienste usw...

Die Folgen des Zerfalls des römischen Imperiums waren noch harmlos im Vergleich zu denen des Zerfalls des britischen "Empire" (nach dem 1. Weltkrieg), das für fast alle seither und bis heute weltweit wütenden Stellvertreter-Kriege des Kapitals verantwortlich ist, sofern sie nicht spontan von seinem Nachfolger, dem inzwischen selbst absteigenden US-Imperium, angerichtet wurden und werden: die Frage ist, wie oft sich die Geschichte noch "als Farce wiederholen" (Marx) muß, bevor die Menschheit daraus lernt?***

"Unsere" politischen "Repräsentanten" haben jedenfalls offenbar keinerlei Interesse, aus der Geschichte zu lernen - nach kurzen Phasen der "Entspannung" in den 1970er- und 90er-Jahren sind sie wieder in der heißen 50er-Jahre-Phase des "Kalten Kriegs" angelangt: "wir" brauchen mehr Soldaten und mehr und modernere Waffen (das alte "Gleichgewicht des Schreckens"), weil unser "kriegerisches Patriarchat" angeblich von konkurrierenden Patriarchaten bedroht ist - nämlich von der 1980er-Jahre-alten Ronald-Reagan-paranoiden "roten" und "gelben Gefahr", also von Rußland und China, die historisch bisher dem westlichen Imperialismus noch nie den Löffel reichen konnten, sondern im Gegenteil von letzterem immer zuerst angegriffen wurden (Rußland von Napoleon und Hitler, China in den "Opium-Kriegen" von den Briten und später von den mit Hitler verbündeten Japanern).

Mögen die westlichen "Werte"-Imperialisten an ihren militaristischen Wort-Hülsen ersticken, bevor sie den Untergang des Abendlandes verwirklichen können!
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* in: G. Heinsohn, O. Steiger: "Die Vernichtung der weisen Frauen" (1985), Teil B, Kap. III u. IV
** a.a.O.
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siehe z.B. B. Brecht: "Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar" (1938/39, posthum veröff. 1957, Neu-Ausg. 1989), leider unvollendet

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