Der überaus kluge Egon Friedell (1878-1938, hoffentlich bekannt durch seine "Kulturgeschichte"), hat 1919, nach der Erfahrung des mörderisch-"patriotischen" 1.Weltkriegs, für die genannten Überzeugungs-Täter ein paar Zitate zusammengestellt:
- Lessing: "Ich habe von der Liebe des Vaterlandes keinen Begriff, und sie scheint mir aufs höchste eine heroische Schwachheit, die ich recht gern entbehre."
- Goethe: "Wozu nun das vergebene Aufstreben nach einer Empfindung, die wir weder haben können noch mögen? Römerpatriotismus? Davor bewahre uns Gott, wie vor einer Riesengestalt!"
- Schiller: "Das vaterländische Interesse ist nur für unreife Nationen wichtig, für die Jugend der Welt; es ist ein armseliges, kleinliches Ideal, einem philosophischen Geiste ist diese Schminke durchaus unerträglich."
- Lichtenberg: "Ich möchte was darum geben, genau zu wissen, für wen eigentlich die Taten getan worden sind, von denen man öffentlich sagt, sie wären für das Vaterland getan worden."
- Schopenhauer: "Daß sie [die Raubtiere des menschlichen Geschlechts] sich der Sache schämen, geht daraus hervor, daß jede Regierung beteuert, nie anders als zur Selbstverteidigung die Waffen ergreifen zu wollen. Statt aber die Sache mit öffentlichen, offiziellen Lügen zu beschönigen, die fast noch mehr als jene [Sache] selbst empören, sollten sie sich, frech und frei, auf die Lehre des Machiavelli berufen. Diese ist für die Raublust immer noch eine viel anständigere Hülle, als die ganz durchsichtigen Lappen palpabelster Lügen, welche auf die bekannte Geschichte vom Kaninchen, welches den Hund angegriffen haben soll, hinauslaufen."
- Tolstoi: "Durch den Patriotismus sind alle Völker der christlichen Welt bis zu einem solchen Grade der Vertierung gebracht worden, daß ihnen nichts eine größere Freude und Begeisterung gewährt als der Gedanke an vergangene und zukünftige Massenmorde. Der Patriotismus ist ein rohes Gefühl, weil er nur Menschen eigen ist, die auf der niedrigsten sittlichen Stufe stehen (...); er ist ein unmoralisches Gefühl, weil ein jeder Mensch unter seiner Einwirkung sich für den Sohn seines Vaterlandes, für den Sklaven seiner Regierung hält, anstatt sich für ein Kind Gottes zu halten..."
- Harnack: "Wie armselig ist doch der Mensch, der im Patriotismus sein höchstes Ideal erkennt oder im Staate die Zusammenfassung aller Güter verehrt! Welch ein Rückfall, nachdem wir in dieser Welt Jesus Christus erlebt haben!"
- Friedell: "Welchen Zweck hat es für die einzelnen Angehörigen eines Staatswesens, daß dieses Staatswesen groß, mächtig, geachtet und gefürchtet in der Welt dastehe? (...) was die weitaus zahlreichste Gruppe der Menschen erwidert hat, die ich fragte, (...) lautete: `Gar keinen.´"
(zitiert nach "Das Egon Friedell Lesebuch", Hg. H. Illig, 2009, S. 67 ff. - darin auch Friedells etwas voreilige, aber bemerkenswerte "Philosophie des Weltkriegs" von 1915)
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