Ein anonymer "Telepolis"-Autor wälzt das sprachliche "Indianer"-Problem quälend hin und her (Sprachdebatte: "Indigener Sommer" ist kein Ersatz für den "Indianersommer") und kommt trotz allem zu dem Schluß, daß das einzig adäquate Wort "Indigene" sei, und zwar für "Ureinwohner" weltweit...
Leider heißt "Indigene" aber: "in Indien geborene" und basiert genauso auf dem Irrtum des Kolumbus, Asien auf dem West-Kurs erreicht zu haben, wie das englische "American Indians", das spanische "Indios" und das deutsche "Indianer", das dank Karl Mays "Winnetou" (und mangels offizieller imperial-deutscher Kolonisierung in Amerika) allerdings eine positive Bedeutung hat: aber der Autor meint, auch eine "Idealisierung" von Indianern sei "diskriminierend" und spreche den Völkern ihre "Souveränität" ab - deshalb müsse man sie "neutral" eben "Indigene" nennen, also im Sinn von "Ureinwohner": leider bedeutet dieser letztere Begriff aber seit dem "Zeitalter der Entdeckungen" und des Kolonialismus: "primitive Völker", die von den Europäern christianisiert, zivilisiert und modernisiert oder wie Neandertaler ausgerottet werden müssen (daran ändert auch die "nettere" kanadische Bezeichnung "First Nations" nichts, geschweigedenn die seltsame australische Bezeichnung "Aborigines"*). Die militanten US-"Indigenen" nennen sich jedenfalls "American Indian Movement (AIM)".
Das gleiche Problem gibt es mit den Negern (lateinisch niger = "schwarz"), bei denen man garnicht mehr weiß, wie man sie noch nennen darf (Schwarz-Afrikaner oder Sub-Sahara-Afrikaner, Afro-Amerikaner oder Farbige, oder...), während sie sich in den USA einfach "Schwarze" nennen ("Black Power", "Black is Beautiful", "Black Panthers", "Black Lives Matter" usw.) - in der romanisch-germanischen Misch-Sprache Englisch ist das latein-stämmige "negro" vermutlich wegen des US-rassistischen Ausdrucks "nigger" inzwischen tabu; in Frankreich unterscheidet man dagegen zwischen "Noir" (Schwarz-Afrikaner) und "Beurre" ("Butter-farbenem" arabischem Nord-Afrikaner).
Ob all diese ursprünglich rassistischen bzw. kolonial-überlegenen Begriffe heute noch dieselbe Bedeutung haben und ausgemerzt werden sollten, ist äußerst zweifelhaft, zumal künstlich "neutrale" Bezeichnungen nicht automatisch zu Gleichberechtigung oder "Respekt" führen - andererseits wäre es albern, anzunehmen, daß Menschen von verschiedener Hautfarbe oder "rassischer" Physiognomie diese Unterschiede einfach ignorieren könnten: jeder Europäer betrachtet Afrikaner, Ostasiaten oder Nachthemd-bekleidete** und Feudel-gekrönte Araber als Kuriosum (und umgekehrt), abgesehen davon, daß es immer noch einen Unterschied zwischen süd- und nord-europäischer "Mentalität" gibt, und innerhalb derer natürlich noch regional rivalisierende Abgrenzungen... Am lustigsten ist der "Respekt" der baumlangen süd-afrikanischen Bantus vor den klein-wüchsigen Buschleuten (Khoi und San) der Kalahari, die bei Erwähnung ihrer Kleinheit zu einer Berserker-haften Art von "Asterixen nach einem Schluck Zaubertrank" ausrasten können...***
Sowieso ist das vereinheitlichte "Welt-Bürgertum" nur ein betrügerisches Propaganda-Bild des globalen Kapitalismus, des IWF und der WTO, wie jeder Indianer, Neger und "Aborigine" weiß.
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* siehe A. Lommel: "Fortschritt ins Nichts. Die Modernisierung der Primitiven Australiens", 1977
** in Ägypten sagte mir einst ein praktisch-begabter "Ureinwohner", in dem Nachthemd (mit zwei seitlichen Eingriff-Schlitzen) könne man sich leichter am Pimmel rumfummeln, als in einer Hose
*** siehe L. van der Post: "Das Herz des kleinen Jägers", dt. Neuaufl. 2006 - "Buschleute" wird inzwischen auch als "diskriminierende" Bezeichnung geführt, obwohl fast kein Mensch die Namen "Khoi" oder "San" kennt
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