Sonntag, 19. März 2023

Krieg ist "Zivilisation" II: Sioux-Indianer - die Preußen der Prärie

(vgl. meinen Eintrag "Krieg ist Zivilisation?" vom 9. März 2023)
Karl May hatte wahrscheinlich die berüchtigten Sioux als Vorbild für seine romantischen "Apatschen" im Blick: groß-gewachsene von Nomadentum und Kampf gestählte Figuren von gradezu kantischer patriarchaler Ethik und Ehre, zugleich Todes-verachtend mutig und kriegerisch...

Diese quasi "preußischen" Eigenschaften sind aber nur die Folge der europäischen Kolonisation: die pittoresken Bison-Jäger der Prärien gibt es nur wegen (1.) der Verwilderung der von den Spaniern importierten Pferde, und (2.) dem zunehmenden Druck der anglo-amerikanischen Landnahme, die Wellen von Vertreibungen vor sich her schob - einst friedliche Stämme wurden so (wie während der europäischen Völkerwanderung) zwangsweise zu militanten Eroberern und Gesellschaften mit patriarchalen Krieger-Kasten-Ritualen, die das preußisch-militarisierte Publikum des Kaiser-Reichs von 1871 zu goutieren wußte.

Die friedlicheren halb-nomadischen Stämme (z.B. Mandan und Hidatsa), die von den hereinbrechenden Sioux (Dakota) terrorisiert wurden, sind dementsprechend nur halb-vergessene "Opfer" der heroisierten Eroberer, wie es der europäischen Sieger-Geschichts-Schreibung entspricht - trotzdem sind auch die Sioux Opfer des Imperialismus: ihre zwangsweise Verwandlung von einer bäurischen in eine kriegerische Gesellschaft hat viele Traumata erzeugt (siehe z.B. R.B. Hassrick: "Das Buch der Sioux"), die im Nachhinein nach preußischer Militär-Ethik idealisiert wurden: ernst und wortkarg ("Ein Mann, ein Wort."), stoisch und schmerz-ertragend ("Ein Junge weint nicht."), kameraden-treu, draufgängerisch und ehrgeizig - mit etwas mehr Untertanen-Geist, Drill und strategischer Führung hätte was draus werden können: die Indianer-freundliche Literatur erfand deshalb den "weisen und mutigen Kriegs-Häuptling", dem seine Stammes-Genossen bedingungslos folgen, wo sich in Wirklichkeit autonome "Krieger" nur zeitweise um einen charismatischen "Vorkämpfer" scharten...  Aber die individuelle "Kriegs-Fähigkeit" samt aufrechter Moral "des Indianers" hat nachdenkliche Europäer schon immer mehr beeindruckt, als die technische Übermacht brutaler weißer Söldner-Haufen (und seit den Hippies hat sich die Gunst sowieso mehr auf die sanft-mystischen Hopis verlagert).

Insgesamt wurden dadurch "kriegerischer Wettbewerb" und Krieg als solcher, und nicht zuletzt auch Imperialismus, zu bedeutendsten oder sogar unabdingbaren Kennzeichen menschlicher Gesellschaften herbeigeredet.

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