Mittwoch, 19. Juni 2024

Der Libanon: Symbol des katastrophalen Kapitalismus

Kommt ein armer libanesischer Regierungs-Beamter 1950 in die USA und trifft einen reichen US-Kollegen: "Wieso bist du so reich?" - "Siehst du die Brücke da drüben? Die hat 2 Millionen gekostet, aber wir haben 3 Millionen dafür berechnet..." - 1955 besucht der US-Beamte seinen Kollegen im Libanon und sieht, daß der noch reicher ist, als er selber: "Wieso bist du so reich?" - "Siehst du die Brücke da drüben?" - "Nein, da ist doch keine Brücke." - "Aber wir haben 3 Millionen dafür berechnet..."

Das ist kein rassistischer Witz über mediterran-orientalischen Schlendrian oder osmanische Korruption, sondern nur ein extremes Beispiel für ganz normal-mafiosen Kapitalismus, wie sogar an einer Stelle in  Libanon, der Jahrhundertraub - Die ganze Doku | ARTE zugegeben wird.

Der Libanon wurde nach dem 2. Weltkrieg nicht deshalb zur "Schweiz der Levante", weil es den Einwohnern so gut ging, sondern weil (wie in der Schweiz, deren Unter-Klassen sich Jahrhunderte-lang Europa-weit als Kanonen-Futter verkaufen mußten) eine Klassen-Gesellschaft geschaffen wurde, deren Oligarchen es dank der reichen internationalen Geld-Wäscher und Luxus-Touristen gut ging... Die französischen Kolonial-Herren hatten den Libanon schlauerweise von Syrien abgetrennt und nach dem "Teile-und-herrsche"-Prinzip unter der Herrschaft von konkurrierenden (formal "konfessionellen") Gangs 1946 in die "Unabhängigkeit" des "freien Marktes" entlassen, deren kleptokratische Capos in der Folge um die Schmiergelder von Steuer-flüchtigen "Investoren" kämpften.

Schon seit 5000 Jahren sind die arabo-semitischen "Phönizier" und ihre Nachkommen "pragmatisch", und ihre herrschende Kaste, die (ähnlich wie die toskanischen Früh-Kapitalisten der Renaissance) nie einen die Wirtschaft kontrollierenden "National-Staat" aufbaute, hat sich immer durch gerissenen Handel bereichert, unbeeindruckt von jeder Fremd-Herrschaft, ob der Pharaonen, der Assyrer, der Babylonier, der Perser, der Griechen, der Makedonier, der Römer, der Byzantiner, der Omajjaden, der Osmanen oder der Franzosen ab 1920 - wie die Sumerer die Keilschrift, haben die Phönizier die berühmte "erste alphabetische" Schrift eigentlich nur für die Handels-Buchhaltung entwickelt... Die berühmten Zedern sind (wie die kalifornischen "Redwoods" seit 100 Jahren) bis auf wenige Denkmal-geschützte Reste schon seit 2000 Jahren dem einträglichen Holz-Handel mit den antiken Großmächten (und, wie die spanischen Wälder vor 450 Jahren für die "Armada", dem Schiffbau) zum Opfer gefallen... Noch 1965 beschrieb ein "Merian"-Heft den Libanon als "weltoffene und multi-kulturelle" Schnitt-Stelle zwischen Orient und Okzident (und jedenfalls für betuchte Touristen Beirut als "Paris des Nahen Ostens"), aber die angebliche "Toleranz" der Libanesen beruht darauf, daß alle möglichen verfolgten christlichen und moslemischen Sekten in abgeschlossene Enklaven des Libanon-Gebirges geflohen sind: in Wirklichkeit gab es immer wieder gegenseitige Massaker, bis hin zum legendären "Bürgerkrieg" von 1975-90, in dem der Libanon mehr oder weniger von Syrien und Israel besetzt wurde (siehe z.B. Ari Folman´s Film "Waltz with Baschir", 2008, dessen Titel auf den von Israel unterstützten maronitisch-christlichen "Phalange"-Führer Baschir Gemayel anspielt...).

Der Nachkriegs-Libanon (jedenfalls das, was volkte) war von Anfang an verloren, weil der Staat nur als Fake-Wirtschaft ohne eigene Produktion oder Rohstoffe, nämlich (wie die Schweiz) als "Steuer-Oase" mit "Bank-Geheimnis" für westliche und arabische Milliardäre aufgebaut war: sich also für den globalen Kapitalismus prostituiert hat - bloß etwas extremer, als die Kapital-Bordelle von Thatcher-Britannien und "Reaganomics"-USA (und verzögert Europa), die auf lange Sicht genauso zum Scheitern verurteilt sind: der Libanon ist nur ein besonders plakatives Opfer des versagenden Turbo-Kapitalismus, aber ähnlich wie die von der westlich-kapitalistischen "Globalisierung" gebeutelten Länder Afrikas, Latein-Amerikas, des mittleren Ostens und Südost-Asiens - in all diesen ex-kolonisierten Ländern tritt die kriminelle Seite der Finanz-Plutokratien lediglich offener zutage...

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