Sonntag, 2. Juni 2024

Aufruf ans Volk (z.B. der Ukraine)

"... ich versichere euch, daß in eurem Land die Leute ohne Kapital und Vermögen weitaus in der Mehrzahl sind. Was sollte sie daher daran hindern, auch die Mächtigsten zu werden? Sie könnten dies umso leichter, als die Besitzlosen den Hauptteil der Streitkräfte der Nation stellen. Denn sagt mir bitte, wie steht es denn um die dreihunderttausend oder mehr Soldaten, die euer [Präsident] in seinem [Land] unterhält und die ihn so mächtig und stolz machen? Sind es nicht dreihunderttausend Bettler, die sich für ein paar [Kopeken] am Tag umbringen lassen?* Und für wen? Für den Reichen, vom ersten bis zum letzten Mann; für die Erhaltung des Überflusses, in dem er lebt, damit er seinen Vergnügungen und Ausschweifungen nachgehen und seinen Wohlstand weiterhin vergrößern kann.
Aber verschaffen diese vielen tausend Soldaten den Angehörigen ihrer Schicht und Klasse, ich will sagen: den um ihr Hab und gut betrogenen Bewohnern des Landes, dadurch irgendeinen Vorteil, daß sie ihr Blut vergießen und ihr Leben verlieren? Keinen einzigen, es sei denn, daß sie ihre Zahl noch vergrößern und ihr Elend vermehren.
Es hängt folglich nur von diesen Truppen ab, die Nation wieder in ihre Rechte einzusetzen und die Güter gleichmäßig und gerecht zu verteilen**, mit einem Wort, eine so menschliche, so gerecht geordnete Regierungsform zu errichten, daß alle Glieder der Gesellschaft, und zwar ein jedes seinen Fähigkeiten entsprechend, zum allgemeinen Glück beitragen können."

aus L.-A. Baron de Lahontan (1666-1715): "Neueste Reisen ins mitternächtliche Amerika", dritter Teil (1704, zit. n. K.-H. Kohl: "Entzauberter Blick", 1981), eigentlich an die verelendeten Franzosen unter Louis XIV. gerichtet - Lahontan war als junger verarmter Kleinadliger gezwungen, als französischer Soldat nach Kanada zu gehen und lebte zeitweise bei den dortigen Indianern, was seinen Blick auf das marode Feudal-Europa schärfte...; [Modernisierungen] von mir.
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* gilt auch für die Einsätze der NATO-Armeen in Jugoslawien, im Nahen und Mittleren Osten, in Nord- und West-Afrika und in Latein-Amerika, sowie für die israelische Armee, für die Milizen im Sudan, im Kongo/Ruanda usw., für die kriminellen Mörder-Banden in Mexiko, Haiti, Ecuador usw., für die Terror-Schwadrone von Militär-Diktaturen und Dschihadisten, für SEKs aller nationalen Polizeien usw. - überall gehen, wie schon Lahontan, einkommens- und chancenlose junge Leute notgedrungen zum Militär (in den USA viele Schwarze, in Rußland viele Sibirier), zu "Sicherheits-Kräften" und  Para-Militär, oder in bewaffnete ideologische oder kriminelle Organisationen...
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und das über 200 Jahre vor den revolutionären deutschen Matrosen- und Soldaten-Räten von 1918/19...

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