Dienstag, 2. Mai 2023

Was dürfen wir eigentlich noch selber machen? (erst recht seit "ChatGPT")

"ChatGPT" schreibt nach Vorgabe von paar Stichworten innerhalb von Sekunden fachliche, literarische, lyrische, philosophische und private Texte (auch Drehbücher), und all das im gewünschten "Stil", auf dem gewünschten Alters- oder Bildungs-Niveau und mit der gewünschten politisch-moralischen Einstellung - all das im Anfangs-Stadium noch mit gewissen Einschränkungen, aber es ist natürlich nur eine Frage der Zeit, bis das System perfekt ist: "perfekt" im Sinn einer immer größeren Datenmenge, die entsprechend der eingegebenen Stichworte gefiltert und "optimiert" wird...

Natürlich fehlen dabei immer die emotionalen und auto-biographischen Elemente eines "Selbst"-Schreibers, weil das Programm nur das Durchschnitts-Ergebnis von Milliarden "ähnlichen" Daten liefert: das mag nützlich sein für die Hausaufgaben desinteressierter oder unkreativer Schüler, für Seminar-Referate Neben-Job-gestreßter Studenten oder für Verfasser wiederholender Texte - seien es Berichte über ein und dasselbe wissenschaftliche Forschungs-Ergebnis für verschiedene Zeitschriften, oder Romane, die einen aktuellen Hype reproduzieren...

Hauptsächlich fehlt dabei (bzw. wird dadurch unterdrückt und schließlich verlernt) das Vergnügen (und die Mühe und Befriedigung), sich etwas zu überlegen und es auszudrücken oder herzustellen - das gleiche ist ja schon bei hand-werklichen Tätigkeiten durch die früh-industrielle Arbeitsteilung, die Automatisierung und zuletzt durch die digitalisierte Roboterisierung passiert: wer heutzutage noch etwas vollständig "von Hand" herstellt, arbeitet entweder in einem subventionierten Museums-Dorf oder hat einen Galeristen, der ihn als "Künstler" vermarktet, oder ist ein notorischer "Fortschritts"-Ignorant und misanthropischer Neurotiker in "splendid isolation"...

Den gezielt Bildungs-fern gehaltenen und Propaganda-verseuchten Massen traut die dafür verantwortliche Finanz-Aristokratie spätestens seit den bürgerlichen "Revolutionen" (USA 1776 und Frankreich 1792) zu recht keinen konstruktiven politischen Willen mehr zu, und ganz bescheiden und rational, angesichts ihrer unverheimlichbaren Korruptions-Anfälligkeit, bietet sie ihren "Rücktritt" von der Herrschaft zugunsten von "unbestechlichen" und rein "logischen" Algorithmen an, die sie selbst aus "humanistischen Gründen" haben programmieren lassen... Die ideale, historisch bisher unerfüllte "Regierung der Edlen und Weisen" soll also eine Maschine übernehmen, die das gesamte Herrschafts-Wissen seit Erfindung der Schrift samt den darüber hinaus gehenden Theorien "selbst-lernend" zu kapitalistischer "Gerechtigkeit" interpoliert? - Daß "kapitalistische Gerechtigkeit" Erfahrungs-gemäß keine echte sein kann (eben "ein richtiges Leben im falschen nicht möglich" ist), ist der Maschine natürlich nicht ein-programmiert...

Nun soll man die ureigenste biologische "Leistung" des Menschen, die ihn vom Tier unterscheidet, nämlich die  Kommunikation, auch noch Maschinen überlassen, weil die das "logischer", "schneller" und "politisch korrekter" zustande bringen, als die ungebildete und neurotisch verwirrte Menschheit? Dann werden zukünftige Historiker nur noch einen Einheits-Brei von konformistischen Dokumenten vorfinden, die, wie die Drogen in Stanislaw Lems "Futurologischem Kongreß" (1971), alle realen Widersprüche vernebeln: ein "ChatGPT" nicht ablehnender Lehrer hat das Programm exemplarisch über Kennedy und über Trump schreiben lassen - über Kennedy schrieb es automatisch positiv, über Trump negativ: auf den Befehl, über Trump mal positiv zu schreiben, antwortete das Programm, das läge "außerhalb seiner Möglichkeiten": wer hat das Programm geschrieben und dessen "Lernfähigkeit" offenbar begrenzt, falls das angebliche "Selbst-Lernen" von "künstlicher Intelligenz" nicht sowieso nur euphemistische Propaganda, und in Wirklichkeit nichts anderes als angewandte Statistik ist (siehe meinen Eintrag vom 13.4.), also ein ideologischer Druck hin zum politisch gewollten arithmetischen Mittelmaß in infantilem "Basic English" - und damit zur Konformität der Untertanen, die das kafkaeske Ideal aller Bürokraten ist? ("ChatGPT" schreibt dir in Sekunden einen Essay über "Demokratie" im Stil von Kafka oder Orwell, oder im Stil von Günter Grass oder Joseph Beuys, falls dir das lieber ist...)

Gegen die Logik der rationalen Maschine hat der emotionale Mensch im "wissenschaftlichen" Weltbild natürlich keine Chance: in der "wahren" (also in der herrschenden Waren-)Welt zählt individuelles oder intuitives Urteil (außer vielleicht auf höchster oligarchischer Ebene) längst nichts mehr, wenn es nicht algorithmisch bestätigt ist (ein letztlich infantiler "Wissenschafts-Glaube": siehe meinen Eintrag vom 25.4.) - das mag gut finden, wer der klassisch-ökonomischen These, daß "der Mensch des Menschen Wolf" sei, anhängt... Wer an die natürliche menschliche Kooperations-Fähigkeit glaubt, muß letztlich Maschinen-Stürmer werden.

Unsere kommende Gegenwart wird ein weiteres "dunkles Zeitalter" sein, falls zukünftige Historiker sich überhaupt davon werden befreien können und die Geschichte der Menschheit damit nicht sowieso im "Dunkeln" einer dystopisch egalitären "Matrix" geendet hat.

Wacht auf, Verdummte dieser Erde !

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