Donnerstag, 25. Mai 2023

Haß-Kolumne 7: seichte Radio-Musik (in memoriam Tina Turner)

Man kann die Radio-Sender vor- und zurück-wechseln, wie man will: überall nur Gedudel ohne jeden (Wieder-)Erkennungswert, ob Pop oder Rock... Selbst die "Info"- und "Kultur"-Sender meinen, sie müßten ihre manchmal ganz interessanten Reportagen, Diskussionen oder Interviews durch zusammenhang-losen Musik-Brei unterbrechen: vielleicht damit der potentiell kritische Hörer entweder eingeschläfert wird oder zumindest seine Kritik spontan gegen die nervige Musik wendet, statt gegen evtl. angesprochene Mißstände...

Brav werden immer Interpret und Titel genannt, obwohl man beides weder wissen, noch sich merken will: es gibt viel zu viel bedeutungslose Musik, und man fragt sich, wer bei den Sendern aus diesem Klang-Einerlei die jeweiligen Pausen-Füller (oder eher: Pausen-Erzeuger) aussucht, also sich in der europäischen Pop-Schwemme samt Multikulti-Rändern überhaupt "auskennt" (das muß ein schlimmerer Job sein, als "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen")...

Man fragt sich auch, warum verbissen "Kreative" ständig neue Musik produzieren, die weder die Kraft der 1960er- und 70er-Jahre hat, noch was mitreißend Neues entwickelt, falls das überhaupt notwendig ist: in der Pop-Musik der letzten 60 Jahre war der einzige erfolgreiche Erneuerer Frank Zappa, und selbst die Nachgeborenen kennen zumindest noch seine "Hits" - alles andere (und letztlich auch Zappa) basiert auf Blues, Jazz und Rock´n´Roll und deren Verschleimung (wozu die alten ikonischen "Bands" mit immer belangloserer Dauer-Produktion selbst beigetragen haben).

Sowieso freuen sich alle "von 8 bis 80", wenn sie die Ohrwürmer aus der genialen Zeit von Chuck Berry über The Who bis zu den Sex Pistols und den guten alten Toten Hosen hören: den Status eines "ewigen" Ohrwurms hat kein einziges Stück in den danach vergangenen Jahrzehnten erreicht, wenn auch einzelne Lieder kurz "Kult" waren (vielleicht von M. Jackson, Prince, Madonna, Nirvana...). Über die Inhalte sinniert D. Rothenberg ("Stadt der Nachtigallen", dt. 2020, S. 97, Hervorh. orig., [.] v. mir): "Vielleicht singen die besten Sänger nur weiter und weiter, weil sie keine Partnerin gefunden haben. [... also ohne "evolutionären Vorteil": die Nachtigall], die aus unerfüllter Liebe singt, wie es das gewohnte Tun menschlicher Musiker ist."

Die Pop- und Rock-Musik braucht eigentlich, wie die "klassische" Musik, nur noch Orchester, die die "Originale" bei lokalen Veranstaltungen "live" nachspielen, und nicht die ganze zweit- und drittklassige Verwurstung, die die Radio-Sender bis zum Erbrechen verstopft. (Die berühmten Rentner-"Bands" spielen bei ihren Konzerten schließlich auch fast nur noch ihre uralten "Hits"...)

(Aber "Sweet Home Alabama" - siehe meinen Eintrag vom 7. Januar 2023...)

Musik wird allgemein überschätzt - schon Kant schrieb (in der "Kritik der Urteilskraft", 1790): "Selbst der Gesang der Vögel, den wir unter keine musikalische Regel bringen können, scheint mehr Freiheit und darum mehr für den Geschmack zu enthalten als selbst ein menschlicher Gesang, der nach allen Regeln der Tonkunst geführt wird; weil man des Letzteren, wenn er oft und lange Zeit wiederholt wird, weit eher überdrüssig wird." (zit. nach Rothenberg, a.a.O.)

Trotzdem ist es traurig, daß vorgestern die unvergeßliche Tina Turner gestorben ist...

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