Samstag, 7. Dezember 2024

"Kunst" kommt nicht von "Können", sondern von "Kannst" (machen, was du Lust hast)

... jedenfalls, wenn du deine innere Zerrissenheit "authentisch" zu vermarkten in der Lage bist - daher nimmt "Kunst" von nationalen, ethnischen und sexuellen Exilanten überhand: wie man liest, hat den "wichtigsten englischen Kunst-Preis", den diesjährigen "Turner-Prize", eine "Künstlerin" aus der Glasgower Sikh-Gemeinde (!) gewonnen, die der Einfachheit halber einen nagelneuen orangenen "Opel Corsa" mit einem überdimensionierten Häkel-Deckchen bedeckt und mit Wohlstands-Müll aus dem Leben ihrer Exil-Gemeinde umgeben hat*, was als besonders einfühlsam, nachdenklich und mit irgendwas auseinander-setzerisch und auf-arbeiterisch gewürdigt wird...

Begonnen hat das wahrscheinlich mit dem spanischen Exilanten Picasso, der in Paris den defaitistisch zerstückelnden "Kubismus" erfand: entweder wegen der damals modischen "Neurasthenie" (Nerven-Schwäche mit Verstopfung) oder als Vorahnung des desolaten Weltkriegs, oder aus bloßem Spaß an anarchischem "Primitivismus" - man weiß es nicht, aber geschadet hat´s ihm jedenfalls nicht: im Rausch der "Moderne" wurde daraus im Gegenteil eine gut-bezahlte "Masche", die er von den dekonstruierten "Moiselles d´Avignon" (1907) über das Kindergarten-Bild "Guernica" (1937, das nur "Kunst-Experten", nicht aber die spanischen Freiheits-Kämpfer zu würdigen wußten) bis zu dem verhunzten "Porträt" seiner letzten Gattin (1971, siehe meinen Eintrag vom 27.10.2023) erfolgreich vermarktete.

Man blieb indessen nicht beim angeblich "von afrikanischen Skulpturen (usw.) inspirierten" malerischen "Primitivismus" stehen**: bald ging man auch zu pseudo-"magischen" Praktiken ohne tieferen Sinn über, und zwar in Form von scheinbar symbolistischen Objekt-, Klang- und schließlich Video-"Installationen" und "Happenings", deren Interpretation ganz liberal dem ratlosen Publikum zur subjektiven Verwendung überlassen wird - wie eben der "Opel Corsa": eine Neu-Auflage des von Duchamp signierten Urinals von 1917, ein "Schlüsselwerk der modernen Kunst" (laut Wikipedia) - das zumindest insofern, als es (wie später Warhol´s Neu-Auflage mit Suppen-Dosen) beweist, daß die "moderne Kunst" keine "Kunst" in einem allgemein gültigen Sinn mehr ist (wie schon mehrmals gesagt, verpflichtet das Nazi-Verdikt von der "entarteten Kunst" niemanden, die ent-kunstete "Kunst" von "Expressionisten", "Kubisten", "Suprematisten", "Tachisten", "De-Stijlisten", "Minimalisten", "Abstrakten", "Pop-Artisten", "Wilden" oder "Neuen Wilden" ernst zu nehmen und dagegen die genialen Realisten Wilhelm Busch, Norman Rockwell, Michael Sowa usw. zu verachten - die simple Anti-Haltung hat schon Friedrich Engels als "Gribouille-Politik" bezeichnet: nach der Märchen-Figur, die einfach aus Prinzip alles "umgekehrt" macht, ähnlich wie die rituellen "Trickster" der Natur-Völker oder die Hof- und Karnevals-Narren).

Es gilt inzwischen als "konservativ" und "populistisch", wenn der Künstler mit seinem Werk "etwas sagen" will (wie es von den Steinzeit-Höhlen bis zu den "Impressionisten" gang und gäbe war) - also "begnüg[t sich das Publikum notgedrungen] mangels klarer Ideen mit verschwommenen Anspielungen auf Ideen, mit Surrogaten, die aus dem Mystizismus, dem Symbolismus und anderen ähnlichen `Ismen´ geschöpft sind, die für die Epoche des Verfalls charakteristisch sind."***

Genauso, wie der englische "Turner-Prize" inzwischen nicht mehr "englische Kunst" (die es ja auch so nicht mehr gibt) prämiert, sondern vermehrt an Vertreter ethnischer oder sexueller Minderheiten für die mehr oder weniger kryptische Darstellung ihrer "Befindlichkeit" geht, tauchen z.B. im "Berliner Förder-Programm für künstlerische Forschung"**** zum größten Teil immigrantische, asylantische, exilantische (z.B. dem "Berlin-Hype" verfallene europäische "Künstler") oder sexuelle Minderheiten, bzw. deren engagierte Unterstützer oder Fürsprecher auf - natürlich hauptsächlich mit den erwähnten mystischen und symbolistischen "Installationen", aber auch in vage analytischer oder lyrischer Form (mit anschließender "Diskussion" in Pidgin-English und/oder mit Übersetzern) - jedenfalls angeblich "authentisch", wenn auch nur subjektiv und kaum Gesellschafts-relevant oder gar -fördernd: im Gegenteil ist die Feier des globalisierten Individualismus (jedenfalls des stell-vertretenden Individualismus von "Künstlern") Gesellschafts-tötend - und damit meine ich keine "nationalistische", sondern eine funktionierende lokale Gesellschaft, die auch ein paar Vietnamesen oder Belgier verträgt.
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Turner-Preis unter palästinensischer Flagge (NZZ)
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die Exegeten behaupten, der "Kubismus" habe mit seinen gleichzeitgien Profil- und Frontal-Ansichten schon vor Einstein den "Raum relativiert bzw. transzendiert" - in Wirklichkeit kopiert er bloß mit kindischer Begeisterung von perspektivischer Erkenntnis unbeleckte jung-steinzeitliche Stilisierungen aus Ägypten
*** so G.W. Plechanow in "Kunst und Literatur" bereits 1955
**** www.kuenstlerischeforschung.de (aktuelles Beispiel: "In Arabic language (...) there is a rare and beautiful homonymy between the poetic verse and the home. As if a reader of a poem can inhabit a home, which no longer exists.We will attempt to contextualise this relation between dwelling and language within a wider history of Arabic modern poetry that is inherently tied to a history of social and political anti-colonial struggles. Debates around the form of the poem were not a mere literary discussion, but a contribution to social and political antagonisms. In that sense, we will also touch upon the inseparability of literary production and politics, focusing on the figure of the militant poet in our discussion(MA + HeW) Marwa Arsanios is an artist, researcher, and filmmaker from Beirut who lives in Berlin. Haytham el-Wardany is a writer and translator from Cairo, living and working in Berlin. illegal_cinema Berlin was initiated by Marta PopivodaHaving had iterations in Zagreb, Istanbul, Paris, and Bilbao, the project always takes a contextual approach, analyzing what is 'illegal' in a specific moment concerning cultural production, dissemination, and public debate. Saturday, 14 December 2024, 19.00, Venue: Sinema Transtopia, Lindower Str. 20/22/Haus C, 13347 BerlinLanguage: Englisch")

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