Montag, 23. Januar 2023

Menschen "in Arbeit" bringen

Was ist "Arbeit"? - Zunächst ein "Job", also ein Gelderwerb durch Verkauf der eigenen Arbeitskraft - im kapitalistischen System prinzipiell eine Überlebens-Notwendigkeit, auch wenn das für die meisten Menschen bedeutet, zu einem funktionierenden Rädchen des Systems degradiert zu werden - Vorbild ist das Militär (die "Schule der Nation"), das seit dem 18. Jahrhundert von einer gekauften Räuber-Horde (wie noch die "Armeen" des 30-jährigen Krieges) zu einer streng hierarchischen Maschinerie mit Gleichschritt und Kadaver-Gehorsam wird.

Im klassischen Altertum, besonders bei den oligarchisch-"demokratischen" Griechen, war "Arbeit", also körperliche Tätigkeit, aber schon immer ein Kennzeichen von "Unter-Menschentum": "zivilisierte" Menschen "arbeiten" nicht.

Die Etymologie des Wortes "Arbeit" (s. z.B. ›Arbeit‹ in: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen | DWDS) erhellt das:
alt-indisch "árbhah" heißt "klein, schwach, Kind", und alt-griechisch "arbeio" ist die notgedrungene beschwerliche Dienst-Pflicht eines Waisen-Kindes (griech.: "orphanos", engl.: "orphant" / dazu lat.: "orbus" und german.: "arbma" = "verlassen" - daher "orbh" = "verwaist", und schließlich: "arm").
Von alt-griechisch "arbeio" im Sinn von "schwerer körperlicher Anstrengung" kommt das germanische "arabi" = "Mühsal, Plage, Not", sowie das alt-slawische "rabu" = "Knecht, Sklave" und "rabota" = "Sklaverei" (heute slawisch = "Arbeit" - vgl. "Roboter").
Das alt-hochdeutsche "arabeit" und mittel-hochdeutsche "arebeit" (= "Mühsal, Plage") wurde erst durch Luther zu einem "positiven Begriff", indem er das Alte Testament zitierte: "Unser Leben währet 70 Jahre, und wenn´s hoch kommt, so sind´s 80 Jahre, und wenn´s köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen, denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon." (Psalm 90:10, den viele heutige Senioren noch auswendig zitieren können, obwohl er völlig sinnlos ist...)

Denn da haben wir kurz und prägnant das Problem der Lutheraner, Protestanten, Calvinisten, Puritaner und anderer Evangelikalen: wenn das "Leben schnell dahin fährt", warum soll man es dann "köstlich" finden, wenn es ein einziges Jammertal und Mühsal ist? Kein Wunder, daß die "Gegen-Reformation" zunächst so leichtes Spiel hatte... 

Bis die protestantischen "Ökonomen" der industriellen "Revolution" von Malthus und Smith bis Marx die "Arbeit" zur rationalen und ethischen Grundlage der menschlichen Gesellschaft erhoben und die heutigen Ameisen-Staaten entstanden, in denen die Masse der Menschen ihr gesamtes "köstliches" Erwachsenen-Leben mit mehr oder weniger der gleichen Tätigkeit (oder wechselnden stupiden Tätigkeiten) im Dienst des Systems einer kapitalistischen Oligarchie verbringt, statt nach ihren eigenen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Vorlieben, die ihnen zumindest Marx noch zugebilligt hatte: "heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, mittags zu fischen, nachmittags Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren", denn: "Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion." (Das Kapital, Band 3)
Der industrielle "Fortschritt", an den auch Marx glaubte, würde inzwischen solche Freiheit längst weltweit erlauben, wenn es nicht neo-feudale Besitz-Verhältnisse, kapitalistische Verteilungs-Ungerechtigkeit, instrumentalisierte "Nationalismen", Mono-Theismen und fingierte "Konflikte", sowie einen offenbar Aufklärungs-resistenten Untertanen-Geist gäbe...

"Arbeit" könnte als selbstbestimmte, soziale und kreative auf lange Sicht tatsächlich endlich einen positiven Sinn bekommen: Cocktails schlürfen am Malediven-Strand ist schließlich auch irgendwann (wenn nicht schon von vorn herein) langweilig - selbst für "Stars" und Milliardäre.
Im heutigen kapitalistischen Sinn heißt "Menschen in Arbeit bringen" allerdings (wie in der Etymologie) soviel wie: "sie in den Zustand eines schwachen verlassenen Kindes zu versetzen" und "sie bei schwerer Mühsal in Sklaverei und Armut zu halten".

- "Your life is like a schedule, You run to meet the bills - Life kills !" (The Human League, 80er-Jahre)
- "Wenn die einen genießen wollen, ohne zu arbeiten, so werden andere arbeiten müssen, ohne zu genießen." (Kant)
- Aber: "Wer nicht arbeitet, verschmachtet vor Langeweile und ist allenfalls vor Ergötzlichkeit betäubt und erschöpft." (Kant gegen den Mythos vom edlen Wilden)
- "Der Mensch darf nicht in solcher idyllischer Geistesarmut hinleben, sondern er muß arbeiten!" (Hegel gegen denselben Mythos)
- "Jawoll, mein Führer !" (Deutsche Arbeits-Front: "Kraft durch Freude")

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