Der Berliner Arc de Triomphe, das alberne preußisch-klassizistische Brandenburger Tor, mit mal nach außen dem "Erbfeind", mal nach innen den renitenten Berlinern drohender Quadriga, wurde mit Farbe besprüht, wie gefühlt halb Berlin auf jeder sich einigermaßen anbietenden Gebäudefläche, diesmal ohne häßliches "Tagger"-Signet, ohne "Regenbogen" oder irgendeine Botschaft - aber Touristen können keine klinisch sauberen Postkarten-Kopien-Fotos oder "Selfies" mehr vom sogenannten "Wahrzeichen Berlins" knipsen - ogott. (Dabei kann man mit einem ausgefallenen Foto vom bunten Tor viel besser angeben: "Ich war kurz nach dem Anschlag am Tatort!")
In ukrainischem Blaugelb darf man diesen Hohenzollern-Kitsch anstrahlen, aber ansonsten soll es ein gereinigtes "Denkmal" bleiben, ähnlich wie die synthetische Schloß-Replik, und das Gebäude-Reinigungs-Ministerium gerät in Panik, weil die Reinigung sich möglicherweise nicht mehr vor den kommenden Events, bei denen nun "verschmutzte" Tor als Kulisse dienen muß, bewältigen läßt... (man hätte das Tor als mahnendes Denkmal nach dem Muster pittoresk verfallender jüdischer Friedhöfe sowieso besser im Nachkriegs- bzw. Vor-"Wende"-Zustand belassen: mit "Todesstreifen"-Patina und Einschuß-Löchern...)
Nun: einerseits ist die Aktion der "Letzten Generation" Klima-politisch und auch sonst eigentlich ziemlich sinnlos, andererseits wegen der politischen und medialen Panik-Reaktion in Wirklichkeit erfolgreich: ein Aufschrei geht durch die Presse, als würden alle Berliner das blöde Tor so romantisch lieben, wie den Eisbär-Knut, und wären nun so in Rage, als hätte man dem seligen Knut einen Irokesen rasiert - eine MDR-Journalistin (Johanna Weinhold) stellt mit klammheimlicher Freude fest, Berlin sei da getroffen, wo es "endlich mal weh tut" (statt daß sie wegen Straßen-Klebern zu spät kommt), und das wiederum bringt einen Autor von (ausgerechnet) "RTdeutsch" (Kaspar Sachse) auf die Palme, weil das Tor "ein Symbol der deutschen Einheit" sei, das immerhin "Napoleon, die Nazis und die Kommunisten überdauert hat"... Diesen pseudo-linken Klima-Wandel-Leugnern sind wohl noch die reaktionärsten Argumente recht, wenn´s gegen die "wohlstands-verseuchten und trans-atlantisch verstrahlten Mitglieder der `Letzten Generation´" geht: Sachse nennt das "die totale Verachtung von deutscher Geschichte und Kultur, der offenbar in pathologischen Selbsthaß gegen das eigene Volk gipfelt" (Grammatik orig.) und "blinden Wahn, alles zu glauben, was die Propagandisten der Klimareligion vom Stapel lassen" - solche verblendeten Schwafler sollte man in Gegenden mit häufigen Wetter-Extremen zwangs-umsiedeln...
Wenn sich jedenfalls die "deutsche Geschichte und Kultur" in diesem feudal-imperialistischen Monument verkörpert, nehme ich meine Angriffe gegen die Vermarktung, Nivellierung und Auslöschung lokaler und regionaler Kulturen durch die kapitalistische "Globalisierung" zurück und behaupte das Gegenteil.
Aber echte Berliner und Langzeit-Wahl-Berliner interessiert dieser amputierte Tempel sowieso nicht - die haben ihre eigene Kultur (meist mit Geschichten statt Geschichte) und regen sich höchstens, von der "BZ" angeregt, über die hohen Reinigungs-Kosten "für den Steuer-Zahler" auf...
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