Montag, 3. Januar 2022

Gulliver´s Reisen

Um die Absurditäten der menschlichen Gesellschaft zu parodieren, müßte ein heutiger Gulliver nicht mehr auf Segelschiffen anheuern und auf fernen unbekannten Inseln als Schiffbrüchiger stranden, sondern er bräuchte bloß eine zeitlang durch Europa zu fahren und dabei zusätzlich Berichte aus den lausigen, aber leider Zukunfts-weisenden USA zu konsumieren.

J. Swifts Roman von 1726 war natürlich mehr, als die abgespeckte Kinderbuch-Version mit den Zwergen und den Riesen, nämlich sowohl eine Abrechnung mit dem Absolutismus, der dynastischen Fremd-Herrschaft (England unter den "Hannoveranern") und dem Merkantilismus, als auch mit der "Aufklärung": hat die "Vernunft" wirklich gesiegt?

Wie man sieht, hat sie das bis heute nicht: wir leben in einem neo-feudalen Finanz-Absolutismus unter einer dynastischen Erben-Plutokratie (bzw. einer vergreisten Kaste von ehemaligen "Garagen-Start-up"-Milliardären) mit einem inzwischen globalisierten und privatisierten Börsen-Merkantilismus, und Milliarden von Menschen halten das offenbar für normal, obwohl es jeder Vernunft spottet.

Die Berichte eines modernen Gulliver könnten sogar sarkastischer sein, als die des 18. Jahrhunderts: wir sind nicht weit über die "Krieg-oder-Frieden"-entscheidende Frage, ob ein Ei am spitzen oder am runden Ende geköpft werden sollte, hinausgekommen - trotz aller "wissenschaftlichen Fortschritte", wie dem Eier-Koch-Automaten, freuen sich die Massen im geschröpften runden Ende des Eis gehorsam, wenn die Börsen-Kurse steigen, als ginge es ihnen dadurch besser und als würde nicht dadurch der Reichtum an die ausgekochte ungeköpfte Spitze wandern. Ein Eiertanz ist auch die Frage, ob die Sezession der ursprünglich russischen Krim und ihr plebiszitärer Beitritt zur russischen Föderation "illegaler" war, als der Verfassungs-widrige nicht-plebiszitäre "Beitritt" der DDR zur BRD, oder die von der NATO und der faschistoiden UCK forcierte Sezession des Kosovo (mittlerweile das Drogen-Drehkreuz Europas, wo die USA ihre größte Militär-Basis errichtet haben...), oder die Frage, ob man eine Virus-Saison als "Grippe-Welle", als "Endemie" oder als "Pandemie" bezeichnen soll (man ändert einfach die Kriterien nach Bedarf...).

Wir belächeln herablassend die "abergläubischen Naturvölker" und die "antiken Zivilisationen", aber außer Logarithmen-Tafeln und Wasserstoff-Bomben haben wir seither nichts wirklich Wirksames geschaffen, und wir leben letzten Endes bescheuerter und unfreier, als unsere Vorfahren im Mittelalter oder in der Steinzeit, auch wenn bequemerweise der "Strom aus der Steckdose" kommt, ohne daß wir (zum Glück) wissen wie und warum.

Wieso kapiert die Mehrheit offenbar nicht, daß ein "vernünftigeres" und besseres Leben möglich wäre, wenn man endlich die albernen "Liliput"-(bzw. "Monopoly"-)Regeln über Bord werfen würde?

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