"Handel" ist versuchter und verharmloster Betrug, wie man schon an der Basar-Szene von Monty Python´s "Leben des Brian" sieht, und wie es die Grundlage der gesamten (vorwiegend britischen) "klassischen Ökonomie" und der folgenden kapitalistischen Gesellschaft ist.
Einigermaßen autark funktionierende Gesellschaften des europäischen Mittelalters, und erst recht der später kolonisierten Welt, wurden und werden bis heute als "primitiv" bezeichnet, weil "sie keinen Handel kannten" - dabei ist lokale oder regionale Autarkie die bestmögliche und natürlichste Lebensform und "Handel" nichts anders , als ein "Krisen"-Phänomen: "Wir hatten diese Jahr eine Mißernte, aber wir können euch Bernstein oder Bronze-Klumpen für eure Getreide-Überschüsse geben..."
Das Wort "Bernstein" signalisiert bereits die fatale Verselbständigung des "Handels": die berühmten "Bernstein-Straßen" des frühen Mittelalters (und die "Seiden-Straße") dienten schon nicht mehr echten Bedürfnissen, sondern einer frühen (Luxus-)Waren-Fetischisierung, die sich bis zu den heutigen sinnlosen "Börsen-Derivaten" fortsetzt - der "Handel" als Notbehelf ist lächerlicherweise zur Hauptbeschäftigung der Menschheit geworden: die wirklichen landwirtschaftlichen, handwerklichen oder technischen Produzenten von notwendiger Nahrung und Konsum-Gütern werden (zumindest hierzulande, denn irgendwer näht ja noch unsere Billig-Klamotten...) zur Minderheit und die "Dienstleister" des weltweiten Vertriebs, Marketings und Preis-Spekulierens zur Mehrheit, oder weltweit zumindest zur herrschenden Minderheit (was das Drama der meisten Ex-Kolonien ist).
"Handel" ist Krieg mit andern Mitteln ("Händel haben" heißt "Streit haben"): der Versuch, das Gegenüber zu übervorteilen und "Marktmacht" zu gewinnen - "Märkte" sind strukturelle Gewalt, die (wenn auch schleichender, als militärische) letztlich tödlich werden kann, sowie zu territorialer Macht und wieder militärischer Gewalt führen kann (vgl. z.B. den "Wasser-Krieg" in Bolivien nach der Privatisierung der Wasser-Versorgung). Die Waffen des "Handels" sind Kapital und Kredit: wer von beidem (oder wenigstens einem von beiden) mehr hat, ist besser gerüstet und seinem Gegner überlegen.
Wenn "Handel" die Menschen verbrüdern würde, wie es das neo-"liberale" Märchen behauptet, würden nicht sowohl national, als auch international, die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, wie es weltweit in immer neuen Wellen geschieht. Die angeblich allgemein verbreitete Xenophobie der archaischen Gesellschaften ist nicht überwunden, sondern als allgemeine Soziophobie auf das Individuum übergegangen: in den "Märkten" ist sich ganz unchristlich "jeder selbst der Nächste" und "des Menschen Wolf" - das ist aber kein Naturgesetz oder "Instinkt", wie uns Ökonomen wie A. Smith oder D. Ricardo, und sozial-darwinistische Biologen wie K. Lorenz oder R. Dawkins, einreden wollen, sondern der Erfolg von ein paar hundert Jahren kapitalistischer Propaganda und Entmündigung (s. z.B. C. Müller: "Von der lokalen Ökonomie zum globalisierten Dorf", oder G. Mak: "Wie Gott verschwand aus Jorwerd. Der Untergang des Dorfes in Europa").
"Handel" ist eine entfremdete, asoziale und menschen-unwürdige Betätigung, die in reiner Form nur zwischen Menschen stattfindet, die sich gegenseitig am Arsch vorbeigehen (da muß man sich bloß mal das vermutlich sehr realistische Porträt des häßlich-schmal-lippigen Groß-Krämers J. Fugger angucken) - deshalb hat nach der Legende Jesus die Händler aus dem Tempel vertrieben, und deshalb mußten die Vordenker und Profiteure des Kapitalismus die sozialen und kulturellen Grundlagen der Gesellschaft unterminieren und zerstören und das egozentrische Individuum zur neuen Religion machen: "Geiz ist geil! Ich bin doch nicht blöd..." Gut-puritanisch gehört dazu, die "gottgewollte" Schere zwischen Arm und Reich zu akzeptieren und die offenbar "erfolgreicheren" Multi-Millionäre nicht mit einer kleinkarierten "Neid-Debatte" zu behelligen (z.B. nicht D. Hopp oder B. Gates ihre Milliarden zu mißgönnen, sondern dankbar für ihr steuer-begünstigtes "humanitäres Engagement" aus der Portokasse zu sein, wo der Staat das wegen eben dieser Steuer-Erleichterungen nicht mehr leisten kann...).
Wie man sieht, führt der immer "freiere", globalere und auf immer weniger Multis konzentrierte "Handel" keineswegs zu "Liberté, Egalité, Fraternité", sondern zu einer Refeudalisierung der Gesellschaft und gleichzeitig zu einer immer lebens-unfähigeren Menschheit: im Vergleich mit archaischen Jägern und Sammlern oder früh-mittelalterlichen Bauern (Universal-Genies in allen Aspekten des Lebens) hat der heutige Mensch tausende von körperlichen, geistigen und sozialen Fähigkeiten verloren und ist als "Zivilisations"-geschädigter und zunehmend vergifteter Krüppel abhängig von seinem Büro-Laptop, seinem Smart-Phone, "Wikipedia", "Amazon", "sozialen Medien" und Apparate-Medizin, und unterhalb der Oligarchie profitiert er nichtmal vom "Export-Weltmeistertum" oder der "wachsenden Produktivität", die es ohne ihn garnicht gäbe...
Die alt- oder neureiche "Händler"-Kaste ist aber nicht wirklich zu beneiden: erstens haben sie ihre Villen, Pools, Limousinen, Yachten und Privat-Jets mit der langweiligsten aller Beschäftigungen erschlichen, zweitens haben sie kaum Zeit, diesen Luxus zu genießen, weil sie ständig Konkurrenten austricksen müssen, und drittens leben sie in ständiger Furcht vor einem Aufstand der abgehängten Massen: die vorderasiatischen Großreiche, das alte Ägypten, das Römische, das Byzantinische und alle folgenden "Reiche" und das britische "Empire" sind zugrunde gegangen (das US-amerikanische ist gerade dabei) - das einzige seit der Antike fortbestehende Imperium ist das chinesische, und zwar wegen seiner permanenten Revolutionen: es gab keine erb-feudale oder geld-adlige Kontinuität, sondern neue "Dynastien" wurden oft von Führern von Bauern-Aufständen (oder anderen "Barbaren") etabliert, die dekadente Entwicklungen gestoppt haben - bis sie selbst macht-korrumpiert waren und abtreten mußten...
Ob das zukünftig in China so weitergeht, ist angesichts der nicht nur in China, sondern weltweit sich perfektionierenden Überwachungs- und Propaganda-Methoden natürlich fraglich, aber bisher hat der chinesische Staats-Kapitalismus immerhin einen gewissen "Trickle-down"-Effekt gehabt, den es in der "westlichen Marktwirtschaft" schon lange nicht mehr gibt - ob die provozierende Entstehung einer neuen Finanz-Oligarchie in China nochmal einen "Bauern-Aufstand" (oder einen der Wander-Arbeiter in den "Sonder-Wirtschafts-Zonen") hervorruft, ist natürlich zweifelhaft, aber die historische Bilanz von China ist jedenfalls einzigartig: als wirtschaftlich autarkes und bis ins 18. Jh. technologisch fortgeschrittenstes "Reich" der Welt wurde es im Gegensatz zu Europa nicht militär-imperialistisch, sondern gradezu überheblich "gönnerisch": äußere Feinde wurden nicht zu Tribut-Zahlungen oder Slaven-Arbeit gezwungen, sondern mit Geschenken überredet, das "Reich der Mitte" als Souverän anzuerkennen - genauso geht China heute noch in der "3. Welt" vor, um sich Ressourcen zu sichern: allemal "netter" oder jedenfalls raffinierter als der brutal-kapitalistische "Westen"... Die Chinesen haben seit ihrem Schwenk zum staats-kapitalistischen "Handel" im Gegensatz zu den klassisch-ökonomistischen Ländern offenbar kapiert, was nach westlichem Vorbild und konfuzianischer Philosophie besser geht, aber auch sie werden auf dem falschen Dampfer sein, wenn sie sich dem Mythos des "freien Handels" annähern.
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