Freitag, 30. November 2012

Irre! Der Segen kommt von oben!

zu M. Lütz: "Bluff! Die Fälschung der Welt" (2012)

Sehr geehrter Herr Lütz,
das beste an Ihrem Buch ist die Umschlagabbildung! Daß der Polpulärsophist Precht findet, Sie schreiben "mit Verve", ist kein Wunder, da Sie ähnlich politisch korrekt und positionslos bleiben, wie er in seinem "Wer bin ich?".
Ihren an sich löbliche Enthüllungsbericht unterbrechen Sie permanent durch Abwiegelung: "Um nicht mißverstanden zu werden" (?), wollen Sie nichts "verdammen", niemanden "beschimpfen", in "keine allgemeine Klage einstimmen" und in allem auch das Gute, das es "gewiß" irgendwie hat, sehen - außer beim sowieso "verdammten" real-existierenden Sozialismus... Dabei legt Ihre eigene ganz richtige Darstellung der Weltfälschungen mehr als nahe, daß wir in der kapitalistischen "Demokratie" in ganz genau so einem verdammt oligarchischen, verlogenen, kontrollierten, materialistischen, menschenverachtenden usw. System leben, in dem die Geschichte geklittert wird, Freiheit nur Illusion und Propaganda ist, Gerechtigkeit und Selbst- und Mitbestimmung nur auf dem Papier stehen und ethikfreie "Märkte" für Phantasie-Derivate das Leben und die Politik bestimmen - und ich bin kein "DDR-Nostalgiker", sondern mit dem Begriff "Ostzone" großgeworden.
Ihre Lanze für ein besinnliches Weihnachten und ein weniger hysterisches Urteil über den päpstlichen Kirchenapparat ist ja nicht ganz verkehrt, aber Borgia und Ratzinger als gütige Weise hinzustellen, macht die gefälschte Welt nicht wahrhaftiger: um "Gottes Segen" samt "Liebe" und "Moral" usw. teilhaftig zu werden, also "echt" zu leben, muß man offenbar nach wie vor Anhänger des Vatikan oder des Kapitalismus, oder am besten von beidem sein. Abgesehen von den Kirchenfürsten sind aber sowohl die Bibel, als auch der Koran durch jahrhundertelangen Mißbrauch durch religiöse und staatliche Institutionen kompromittiert (siehe z.B. Huxley´s "Graue Eminenz"), und eine Rückkehr zu den archaischen monotheistischen Religionen, "wie sie im Buche stehen", ist auch nicht wünschenswert, weder hier, noch in Ägypten oder Israel - und übrigens mit dem Konfuzianismus nicht zu vergleichen.
Die alten Heilslehren der vorderasiatischen Wüstenprediger, die mit Gewalt über die Erde verbreitet worden sind, sind weder "besser", noch überzeugender oder unverfälschender, als die der Aborigines, der Inuit, der Apatschen, der Hottentotten oder der Laoten - alle letzteren haben sogar den Vorteil, daß sie nicht für Kolonialismus, Imperialismus, kulturelle Hegemonie und Völkermord mitverantwortlich sind: es ist nämlich zu einfach, alles "Böse" im Namen des Monotheismus als dessen "unreligiösen" Teil auszusortieren, zumal die Kirche wahrhaft religiöse Christen regelmäßig als Häretiker verfolgt hat...
Und die "christliche Tradition" der Nachfahren von Kelten und Germanen ist die Folge der militärischen Eroberung durch das Römische Reich und von späteren gewaltsamen "Bekehrungen", ähnlich wie bei Afrikanern und "Indianern" - vielleicht eher ein historisches Trauma. "Gott" ist so gesehen ein Wort wie "Volksgemeinschaft": hätte schön sein können...
Einstein, der zu Ihrem Leidwesen "nur bis zu einem Pantheismus vordrang", war jedenfalls (eben deswegen?) menschlicher, moralischer, "existenziell" interessierter und humorvoller, als die allermeisten äußerlich und/oder innerlich christlichen Theoretiker und Praktiker, einschließlich deren Spiegelbilder, wie Robbespierre, Stalin und meinetwegen Dawkins.


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