Das ins "Humboldt-Forum" (Berliner Stadt-Schloß-Replik) umgelagerte Völkerkunde-Museum eröffnet die letzte Ausstellung der berühmten Ende des 19. Jahrhunderts geraubten "Bronzen von Benin", die im Anschluß politisch korrekt "Nigeria" zurückgegeben werden...
Der post-koloniale korrupte Öl-Staat Nigeria hat allerdings mit dem alten Königreich Benin so viel zu tun, wie das heutige Kiew mit den schwedischen Warägern, die dort vor 1000 Jahren das erste "Reich der Rus" gegründet haben, oder wie die im 19. Jahrhundert von victorianischen Briten erfundene "schottische National-Tracht" mit den ursprünglichen "Highlandern": die alten Kulturen wurden von den Kolonial-Mächten so gründlich zerstört, daß nur noch idealistische europäische Archäo- und Ethnologen davon eine Ahnung haben - und die haben die "heim ins Reich" entführten Artefakte vor der zuhause drohenden Zersetzung bewahrt, wie vor einigen Jahren indigene Abgesandte aus Nord-Amerika dem Berliner Völkerkunde-Museum dankbar bescheinigt haben, als sie mit Recht im Namen der Renaissance indigener Kulturen die Artefakte ihrer Vorfahren zurückforderten.
Von so einer Renaissance kann aber in Afrika oder Ägypten (das z.B. die Nofretete zurückfordert) kaum die Rede sein, und auch nicht in der graecophoben Türkei, die sich wohl nicht wirklich auf ihre griechische Vergangenheit berufen will... Es geht entweder um symbolische anti-koloniale Rache oder um geldwerte Vermarktungs-Objekte und "nationale" Tourismus-Förderung, und wenn sich das Berliner Völkerkunde-Museum rühmt, es habe seine Ausstellungen politisch korrekt "gemeinsam mit Museologen aus den Herkunftsländern" konzipiert, ist das genauso Augenwischerei, wie eine mögliche "Frauen"- oder "Schwulen-Quote" im Kuratoren-Team: die Alibi-Afrikaner gehören garantiert zu den Privilegierten, die an einer europäischen oder nord-amerikanischen Universität studiert und damit den post-kolonial-musealen Blick übernommen haben...
Das heißt nicht, daß die Kolonial-Mächte das Recht hatten, ihre Kolonien für ihren exotischen Sammelwahn zu plündern, sondern es stellt die angeblich "aufklärerischen" Bergriffe "Original" und "Musealisierung" infrage: im Grund reichen die Bilder der "Asterix"-Autoren, um sich einen Begriff von der römischen "Zivilisation" (bzw. Militär-Diktatur) zu machen, und zum Ärger der Archäologen hatten nicht nur die Gallier jedes Recht, die römischen Monumente als Steinbrüche für ihre eigenen Bau-Vorhaben zu benutzen, sondern auch die entwurzelten Afrikaner jedes Recht, ihre traditionellen Artefakte auf Flohmärkten zu verscheuern oder verrotten zu lassen, so wie Hippies historische Fabrik-Etagen in Wohn-Gemeinschaften und ungläubige Holländer Kirchen in Badminton-Hallen verwandelt haben.
Da die Menschheit offenbar weder aus KZ-Gedenkstätten, noch aus der Geschichte allgemein was lernt, ist Musealisierung nur ein luxuriöses Hobby, das hinten anstehen sollte, wenn lokal sinnvolle oder zumindest nötige Umnutzung ansteht oder gefordert wird - wer seine Schützen-König-Medaille oder seine magischen Talismane, Masken usw., oder das Ölgemälde seines Urgroßvaters in Ehren halten will, kann das ja gerne tun, aber sobald das "nationalistische" Züge kriegt, wird es sowohl lächerlich, als auch gefährlich: in Umkehrung von Thatchers Gesellschafts-Verdikt könnte man sagen: "Sowas wie Nation existiert nicht!"