"Selbstregierung steht in umgekehrtem Verhältnis zur Anzahl.(...) Zunehmende Bevölkerung und fortschreitende Technologie haben eine Zunahme der Zahl und der Vielfalt der Organisationen zum Ergebnis gehabt, eine Zunahme der in den Händen der Beamten konzentrierten Macht und eine entsprechende Abnahme der von den Wählern ausgeübten Kontrolle, gekoppelt mit einer Abnahme der allgemeinen Achtung vor demokratischem Vorgehen.(...)
Die politischen Vermarkter wenden sich nur an die Schwächen der Wähler, nie an ihre potentielle Stärke. Sie machen keinen Versuch, die Massen zur Tauglichkeit für die Selbstregierung zu erziehen; sie begnügen sich damit, sie bloß zu manipulieren und auszubeuten. Zu diesem Zweck werden alle Hilfsmittel der Psychologie und anderer Spezialwissenschaften mobilisiert und auf sie losgelassen.(...) Die Methoden, die heute angewendet werden, um den politischen Kandidaten an den Mann oder die Frau zu bringen, als wäre er ein Deodorant, gewährleisten der Wählerschaft geradezu, daß sie nie die volle Wahrheit über irgend etwas zu hören bekommen wird.(...)
Auf dem Gebiet der Massenkommunikation wie auf fast jedem anderen des Unternehmertums hat der technische Fortschritt dem `kleinen Mann´ geschadet und dem `großen Mann´ genützt. Noch vor fünfzig Jahren konnte sich jedes demokratische Land einer großen Zahl kleiner Zeitungen und Lokalblätter rühmen.(...) Heutzutage ist die Presse immer noch gesetzmäßig frei, aber die meisten der kleinen Zeitungen sind verschwunden.(...) Im demokratischen Westen besteht eine wirtschaftliche Zensur, und die Organe der Massenmedien werden von Mitgliedern der Machtelite gelenkt.(...)
Hinsichtlich der Propaganda sahen die frühen Vorkämpfer allgemeiner Alphabetisierung und einer freien Presse nur zwei Möglichkeiten voraus: Die Propaganda könnte wahr sein, oder sie könnte falsch sein. Sie sahen nicht voraus, was tatsächlich, und vor allem in den westlichen, kapitalistischen Demokratien, geschehen ist - die Entwicklung einer riesigen Industrie der Massenkommunikation, welche sich der Hauptsache nach weder mit dem Wahren, noch mit dem Falschen befaßt, sondern mit dem Unwirklichen, dem mehr oder weniger Belanglosen.(...)
Einer Gesellschaft, deren meiste Angehörige einen großen Teil ihrer Zeit nicht an Ort und Stelle verbringen, nicht hier und heute und in der errechenbaren Zukunft, sondern irgendwo anders, in den belanglosen Jenseitswelten des Sports und der Musicals, der Mythologie und der metaphysischen Phantasie, wird es schwerfallen, den Eingriffen derjenigen zu widerstehen, die diese Gesellschaft manipulieren und gängeln wollen.(...)
Das soziale Ganze, dessen Wert, so wird angenommen, größer ist als der Gesamtwert aller seiner Teile, ist nicht ein Organismus in dem Sinn, in dem man sich ein Bienenvolk oder einen Termitenstaat vorstellen kann. Es ist bloß eine Organisation, ein Stück sozialer Maschinerie.(...) An sich ist sie nichts wert; sie ist nur gut in dem Ausmaß, in dem sie das Wohl der Individuen befördert, welche Teile des kollektiven Ganzen sind."
(Aldous Huxley 1958 in "Brave New World Revisited", nach der dt. Ausg. v. 1976, Hervorh. v. mir)
Seit 65 Jahren im Westen nichts Neues, außer immer mehr Amokläufern - na toll, Ihr... Ihr... Ihr hoffnungslosen Zeitungsleser und Tagesschaugucker !
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